Neuigkeiten zu rechtlichen Themen

Verletzung der Aufklärungspflicht: Makler haftet, wenn sein Expose die Existenz eines Überbaus unterschlägt

Wer eine Immobilie kauft, verlässt sich häufig auf den Makler. Wie es sich mit Fehlern auf Maklerseite verhält, war Kern des Prozesses, den das Landgericht Lübeck (LG) zu verhandeln hatte. Ob hier Absicht oder nur Schlamperei vorgelegen hat, ist unklar. Fakt aber war, dass das vom Makler erstellte Expose einen Fehler enthielt, der zu einer Schadensersatzforderung führte.

Wer eine Immobilie kauft, verlässt sich häufig auf den Makler. Wie es sich mit Fehlern auf Maklerseite verhält, war Kern des Prozesses, den das Landgericht Lübeck (LG) zu verhandeln hatte. Ob hier Absicht oder nur Schlamperei vorgelegen hat, ist unklar. Fakt aber war, dass das vom Makler erstellte Expose einen Fehler enthielt, der zu einer Schadensersatzforderung führte.

Ein Maklerbüro hatte eine Doppelhaushälfte zum Kauf angeboten und ein entsprechendes Expose erstellt. Dieses beinhaltete auch einen Ausschnitt aus der Flurkarte des Katasteramts als Lageplan. Um das Grundstück auf diesem Lageplan zu kennzeichnen, hob ein Mitarbeiter des Maklerbüros die Grenzlinien des Grundstücks digital mit einer breiten roten Linie hervor, die somit eine feinere schwarze Linie überdeckte, mit der die Grundstücksgrenze zuvor auf der Flurkarte bezeichnet war. Einen Hinweis auf einen Überbau enthielt das Expose in seiner Beschreibung nicht. Auch bei der Besichtigung und im weiteren Verlauf wurden die Käufer nicht über einen Überbau aufgeklärt. Die Käufer erwarben dann auch das Grundstück in Unkenntnis über die Existenz des Überbaus und des Umstands, dass sich die Einfriedung des Grundstücks nicht auf der Grundstücksgrenze befand. Später trugen sie vor, sie hätten das Grundstück in Kenntnis dieser Besonderheiten gar nicht oder nur zu einem niedrigen Kaufpreis gekauft. Daher sei ihnen ein Schaden von 14.000 EUR entstanden. Diese Summe klagten sie ein.

Die Summe haben sie auch fast komplett erhalten. Denn laut LG haftet ein Makler einem Grundstückskäufer gegenüber mit Schadensersatz, wenn er in einem dem Expose beigefügten Katasterauszug die Grundstücksgrenzen durch eine rote Umrandung so bearbeitet hat, dass ein ursprünglich deutlich sichtbarer Überbau nicht mehr zu erkennen ist und deswegen unerkannt bleibt.

Hinweis: Beachten Makler ihre Sorgfaltspflichten nicht, entstehen häufig Ansprüche auf Schadensersatz. Ob das der Fall ist, kann der Rechtsanwalt des Vertrauens prüfen.


Quelle: LG Lübeck, Urt. v. 15.05.2023 - 10 O 315/21
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 08/2023)

Arglist nicht nachweisbar: Keine Anzeichen für akuten Marderbefall beim Hausverkauf

Mängel am Haus sollte der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss mitteilen und auch im notariellen Kaufvertrag festhalten. Wenn dem Verkäufer ein Schaden zum Zeitpunkt des Verkaufs jedoch nicht bekannt ist, soll ihm daraus auch später kein Strick gedreht werden können. Das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) musste diese Regelung nun in die Realität übersetzen, bei der es - wie so oft - darum ging, Beweise zu erbringen, die manchmal nur schwerlich zu erbringen sind.

Mängel am Haus sollte der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss mitteilen und auch im notariellen Kaufvertrag festhalten. Wenn dem Verkäufer ein Schaden zum Zeitpunkt des Verkaufs jedoch nicht bekannt ist, soll ihm daraus auch später kein Strick gedreht werden können. Das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) musste diese Regelung nun in die Realität übersetzen, bei der es - wie so oft - darum ging, Beweise zu erbringen, die manchmal nur schwerlich zu erbringen sind.

Eine Frau kaufte ein Haus. Während der nachfolgenden Renovierungsarbeiten sechs Monate später stellte sie Schäden an der Wärmedämmung am Dach fest. Sie holte ein Gutachten ein, aus dem sich ergab, dass in der Vergangenheit mehrere Marder auf dem Dachboden gelebt hatten, was zu erheblicher Geräuschentwicklung, erheblicher Kotansammlung und Schäden in der Dämmung geführt hatte. Sie verlangte deshalb von dem Verkäufer Schadensersatz. Der Verkäufer wies eine Haftung zurück. Ihm sei von einem Marderbefall nichts bekannt gewesen. Deshalb klagte die Frau - vergeblich.

Vor dem OLG konnte die Käuferin schlichtweg nicht beweisen, dass ihr der Verkäufer einen akuten Marderbefall arglistig verschwiegen hatte. Schließlich war ihr selbst der Befall auch erst sechs Monate später anlässlich der Renovierung aufgefallen. Der Verkäufer hatte das Haus auch nur zwei Jahre bewohnt. Zwar hatte ihm der Vorbesitzer von einem Marderbefall berichtet. Es ist aber für das Gericht durchaus glaubhaft gewesen, dass der Verkäufer keine Anzeichen für einen akuten Marderbefall bemerkt habe. Insofern bestand auch keine Aufklärungspflicht, und ein arglistiges Verhalten war nicht zu beweisen.

Hinweis: Natürlich gehört ein Gewährleistungsausschluss für den Verkäufer in jeden notariellen Kaufvertrag über eine Wohnung oder ein Haus. Der greift jedoch nicht, wenn der Verkäufer Mängel bewusst oder arglistig verschwiegen hat.


Quelle: OLG Oldenburg, Urt. v. 07.03.2023 - 12 U 130/22
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 08/2023)

Beweislast beim Mieter: Verzug der Mietzahlung nach angeblicher Zahlung ohne vermieterseitigen Geldeingang

Schon viele Urteile gab es zu der Frage, bis wann Miete beim Vermieter eingegangen sein muss. Daher gehört es für die meisten Mieter auch schon zum Allgemeinwissen, dass sie alles daran setzen sollten, ihre Miete immer pünktlich zu zahlen - egal, woran es sonst noch mangelt. Der folgende Fall des Landgerichts Berlin (LG) stellt klar, was passiert, wenn sich Mieter und Vermieter uneinig sind, ob die Mietforderung beglichen wurde.

Schon viele Urteile gab es zu der Frage, bis wann Miete beim Vermieter eingegangen sein muss. Daher gehört es für die meisten Mieter auch schon zum Allgemeinwissen, dass sie alles daran setzen sollten, ihre Miete immer pünktlich zu zahlen - egal, woran es sonst noch mangelt. Der folgende Fall des Landgerichts Berlin (LG) stellt klar, was passiert, wenn sich Mieter und Vermieter uneinig sind, ob die Mietforderung beglichen wurde.

Es ging um eine Räumungsklage, da die Mieter für mindestens fünf Monate die Miete angeblich nicht gezahlt hatten. Die Mieter waren jedoch ganz anderer Ansicht. Sie behaupteten, tatsächlich die Zahlungen getätigt zu haben, und legten Unterlagen ihrer Bank vor, aus denen sich ergab, dass insgesamt über 3.000 EUR an Mietzahlungen überwiesen und nicht zurückgezogen worden waren. Aber auch die Vermieterin legte umfangreiche Unterlagen ihres Kreditinstituts vor, aus denen sich ergab, dass sie keine Überweisungen erhalten hatte. So musste das Gericht entscheiden, wer was zu beweisen hat.

Zunächst stellte das LG klar, dass Mieter mit der laufenden Miete nicht in Verzug kommen, solange sie die Zahlungsanweisung bis zur Fälligkeit der Miete vornehmen und die Miete dem Konto des Vermieters später - wenn auch erst nach dem Fälligkeitstermin - tatsächlich gutgeschrieben wird. Bestreitet der Vermieter allerdings die Gutschrift, tragen die Mieter die Beweislast für den Zahlungseingang. Können diese den Beweis nicht erbringen, geraten sie in Verzug. Das gilt jedenfalls dann, wenn sie die Zahlungen nicht unverzüglich erneut vornehmen, nachdem sie vom Vermieter auf deren bislang unterbliebenen Eingang hingewiesen worden sind.

Hinweis: Sind zwei Monatsmieten offen, kann der Vermieter kündigen. Und das geht ganz schnell: Wird auch nur eine Monatsmiete gar nicht gezahlt, und ist die Folgemiete ebenfalls verspätet eingegangen, ist der Vermieter zur Kündigung berechtigt.


Quelle: LG Berlin, Urt. v. 25.04.2023 - 67 S 103/22
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 08/2023)

Schlüssel weg: Ersatz einer Schließanlage kann kostspielig werden

Ein verlorener oder gar gestohlener Schlüssel ist ein Ärgernis, das viele nachvollziehen können. Wenn der Schlüssel sogar einer Schließanlage zugehörig war, können neben dem privaten Ungemach noch empfindliche Kosten auf den Unglücksraben zukommen. Wie es sich dann mit deren Verteilung verhält, musste das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) klären.

Ein verlorener oder gar gestohlener Schlüssel ist ein Ärgernis, das viele nachvollziehen können. Wenn der Schlüssel sogar einer Schließanlage zugehörig war, können neben dem privaten Ungemach noch empfindliche Kosten auf den Unglücksraben zukommen. Wie es sich dann mit deren Verteilung verhält, musste das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) klären.

Eine Mieterin ließ ihren Kellerschlüssel im Schloss der offenen Kellertür stecken. Eine unbekannte Person verschloss die Tür, sperrte ab und nahm den Schlüssel mit. Dummerweise gehörte dieser Schlüssel zu einer erweiterbaren Schließanlage und passte zudem in die Schlösser von Haustür, Kellergängen, Müllhaus und Tiefgarage. Nach dem Verlust des Schlüssels kam es schließlich wiederholt zu Diebstählen in der Tiefgarage des Gebäudes. Daraufhin ließ die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) eine neue Schließanlage für fast 7.000 EUR einbauen und verlangte die Summe vom Vermieter der Mieterin - also dem Eigentümer der Mietwohnung - ersetzt. Schließlich klagte die WEG.

Die WEG erhielt vom OLG jedoch lediglich ein Viertel des entstandenen Schadens zugesprochen. Den Schlüssel stecken zu lassen, war zwar durchaus fahrlässig von der Mieterin, denn die verkehrsübliche Sorgfalt gebiete es, einen Schlüssel sorgsam zu verwahren. Die Kosten einer neuen Schließanlage können nur ersetzt werden, wenn die Schließanlage auch tatsächlich ausgetauscht wird und wenn sich der Geschädigte aus objektiver Sicht unter den konkret gegebenen Einzelfallumständen zur Beseitigung einer fortbestehenden Missbrauchsgefahr veranlasst sieht. Trotzdem musste der Vermieter nur ein Viertel des Schadens übernehmen. Denn der Schadensersatzanspruch reduziere sich wegen eines vorzunehmenden Abzugs "neu für alt" auf null. Laut Schätzung des OLG sei die Anlage mindestens 24 Jahre alt gewesen. Zudem behauptete der Beklagte, dass weitere Schlüssel abhanden gekommen seien, was von der Klägerin nicht ausreichend habe entkräftet werden können. Dafür hätte konkret vorgetragen werden müssen, wie viele Schlüssel ausgehändigt worden und wie viele zum Zeitpunkt des betreffenden Abhandenkommens noch vorhanden gewesen seien.

Hinweis: Kommt ein Schlüssel einer Schließanlage abhanden, ist wichtig, unter welchen Umständen der Schlüssel verloren wurde. Wird beispielsweise am Strand auf Mallorca der Hausschlüssel für die Wohnung in Hamburg verloren, wird kein Schadensersatz zu leisten sein - mit Ausnahme des einzelnen Schlüssels. Denn in einem solchen Fall ist nicht zu erwarten, dass der Finder des Schlüssels eine Verbindung zu der Wohnung in Hamburg herstellen kann.


Quelle: Brandenburgisches OLG, Urt. v. 27.04.2023 - 10 U 100/22
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 08/2023)

Pandemiebedingte Terminverschiebung: Vergütungsanspruch von gebuchter Fotografin bei Auftragsneuvergabe

Die Pandemie hat so einige unserer Lebensplanungen über den Haufen geworfen. Daher werden uns die rechtlichen Auswirkungen vertraglicher Zu- und Absagen noch eine Weile beschäftigen - so wie den Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage, ob einer beaufragten Hochzeitsfotografin nach pandemiebedingter Terminverschiebung Geld zusteht oder sie den bereits erhaltenen Teilbetrag sogar zurückzahlen muss, wenn sich das Brautpaar inzwischen für einen Kollegen der Fotografin entschieden hatte.

Die Pandemie hat so einige unserer Lebensplanungen über den Haufen geworfen. Daher werden uns die rechtlichen Auswirkungen vertraglicher Zu- und Absagen noch eine Weile beschäftigen - so wie den Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage, ob einer beaufragten Hochzeitsfotografin nach pandemiebedingter Terminverschiebung Geld zusteht oder sie den bereits erhaltenen Teilbetrag sogar zurückzahlen muss, wenn sich das Brautpaar inzwischen für einen Kollegen der Fotografin entschieden hatte.

Ein Ehepaar beabsichtigte, im August 2020 kirchlich zu heiraten. Sie wandten sich an eine Fotografin. Im Oktober 2019 bedankte sich die Fotografin für die Beauftragung und stellte für "Reportage Hochzeit 1.8.2020 (1. Teilbetrag)" 1.200 EUR von der insgesamt vereinbarten Vergütung i.H.v. 2.500 EUR in Rechnung. Der Betrag wurde von den Klägern sodann auch beglichen. Doch dann kam Corona, und die Hochzeit wurde um ein Jahr verschoben. Für diesen neuen Termin beauftragte das Brautpaar aber einen anderen Fotografen, woraufhin die Fotografin ein weiteres Honorar von 550 EUR forderte. Das lehnte das Hochzeitspaar nicht nur ab - es verlangte zudem die Rückzahlung der bereits überwiesenen 1.200 EUR. Es erklärte wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage den "Rücktritt von dem vorstehend bezeichneten Vertrag bzw. dessen Kündigung".

Der BGH aber sah keinerlei Ansprüche auf eine Rückzahlung oder auf die Feststellung, dass die weitere Vergütung von 550 EUR nicht geschuldet wird. Ein Rückzahlungsanspruch folgt aus einem Rücktrittsrecht des Brautpaars wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage nämlich nicht. Die ergänzende Vertragsauslegung ergab, dass die pandemiebedingte Verlegung der geplanten Hochzeit und der Hochzeitsfeier keinen Umstand darstellte, der die Eheleute zum Rücktritt vom Vertrag berechtigte hätte. Der Umstand, dass sie nach Absage des vereinbarten Termins nur aus Gründen, die nicht im Verantwortungsbereich der Fotografin lagen, einen anderen Fotografen bevorzugten, ist nach Treu und Glauben unter redlichen Vertragspartnern unerheblich. Er ist im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung deshalb nicht zu berücksichtigen. Daher handelte es sich um eine rechtlich grundlose Kündigung des Vertrags. Somit hatte die Fotogafin folgerichtig einen Anspruch auf eine Vergütung.

Hinweis: Auch, wenn eine Pandemie den schönsten Tag des Lebens bedroht, gilt das allgemeine Vertragsrecht. Entsprechend war hier die Fotografin zu bezahlen.


Quelle: BGH, Urt. v. 27.04.2023 - VII ZR 144/22
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 08/2023)

Abwesenheitsnotiz als Werbung? Autoreply-E-Mail darf als allgemeiner Abbinder Internetpräsenzen aufführen

Sie kennen das sicherlich auch: Ihr Ansprechpartner ist im Urlaub und Sie erhalten eine E-Mail, dass er erst ab einem bestimmten Zeitpunkt wieder erreichbar ist. Wie es sich mit weiteren Inhalten einer solchen Abwesenheitsnotiz verhält und ob es sich bei einer solchen um eine verbotene Werbemaßnahme handeln kann, musste das Amtsgericht Augsburg klären.

Sie kennen das sicherlich auch: Ihr Ansprechpartner ist im Urlaub und Sie erhalten eine E-Mail, dass er erst ab einem bestimmten Zeitpunkt wieder erreichbar ist. Wie es sich mit weiteren Inhalten einer solchen Abwesenheitsnotiz verhält und ob es sich bei einer solchen um eine verbotene Werbemaßnahme handeln kann, musste das Amtsgericht Augsburg klären.

Ein führender Anbieter in Deutschland für digitale juristische Informationssysteme und Internetdatenbanken für juristische Recherchen hatte Probleme mit einem Kunden. Der hatte sich über das allgemeine Kontaktportal an den Anbieter gewandt. Es gab mehrere Telefongespräche und E-Mails zwischen dem Kunden und einem Mitarbeiter. Auf seine letzte E-Mail erhielt der Kunde dann vom Mitarbeiter eine automatische Abwesenheitsnotiz per E-Mail. Darin wies der Mitarbeiter auf die Präsenzen der Beklagten bei Facebook, Twitter und YouTube hin. Nun mahnte der Kunde das Unternehmen umgehend per E-Mail ab und forderte es zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Er meinte, dass es sich bei der E-Mail um unzulässige elektronische Werbung handele. Als das Unternehmen die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ablehnte, klagte der Kunde.

Der Augsburger Richter sah das anders. Der bloße Verweis auf die Internetpräsenzen eines Unternehmens im Anschluss an Kontaktdaten des Mitarbeiters stellt keine Werbung dar, solange dieser nicht mit einem Produkt oder anderen werbenden Angaben verknüpft ist. Auch eine mittelbare Absatzförderung durch Imagewerbung liegt in einem solchen Fall nicht vor.

Hinweis: Sie können also beruhigt auch im geschäftlichen Verkehr E-Mails mit Abwesenheitsnotizen versenden lassen, die auf eine weitere Internetpräsenz von Ihnen verweisen. Dabei handelt es sich nicht um eine verbotene Werbung.


Quelle: AG Augsburg, Urt. v. 09.06.2023 - 12 C 11/23
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 08/2023)

Flug als Gesamtheit: Starts oder Landungen außerhalb der EU

Startet oder landet ein Flugzeug mit Verspätung, können sich für die Reisenden nach der EU-Fluggastrechteverordnung Ansprüche ergeben. Wie es sich mit Starts oder Landungen außerhalb der EU verhält, musste der Bundesgerichtshof (BGH) klarstellen.

Startet oder landet ein Flugzeug mit Verspätung, können sich für die Reisenden nach der EU-Fluggastrechteverordnung Ansprüche ergeben. Wie es sich mit Starts oder Landungen außerhalb der EU verhält, musste der Bundesgerichtshof (BGH) klarstellen.

Eine Frau hatte über ein Reisebüro einen Flug mit der Fluggesellschaft S von Stuttgart nach Zürich, dann Flüge von Zürich nach Philadelphia und schließlich von Philadelphia nach Kansas City gebucht. Der erste und der zweite Flug wurden planmäßig durchgeführt, auf der letzten Teilstrecke startete der Flug allerdings verspätet. Die Frau erreichte Kansas City schließlich mit einer Verspätung von mehr als vier Stunden und verlangte daraufhin eine Ausgleichszahlung von 600 EUR. Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen.

Das sah der BGH anders. Die Fluggastrechteverordnung ist anwendbar für Fluggäste, die ihren Flug im Gebiet eines Mitgliedstaats antreten. Aus der Fluggastrechteverordnung folgt, dass die Verordnung auch anzuwenden ist, wenn der Fluggast seinen endgültigen Zielort über direkte Anschlussflüge erreicht. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die Anwendbarkeit der Fluggastrechteverordnung bei einem Flug mit direkten Anschlussflügen unter Berücksichtigung des ersten Abflugorts und des Endziels zu beurteilen, wenn der Flug als eine Gesamtheit anzusehen ist. Der Begriff "direkte Anschlussflüge" ist dahin zu verstehen, dass er zwei oder mehr Flüge bezeichnet, die für die Zwecke des in der Verordnung geregelten Ausgleichsanspruchs von Fluggästen eine Gesamtheit darstellen. Eine solche Gesamtheit liegt vor, wenn zwei oder mehrere Flüge Gegenstand einer einzigen Buchung waren. Hier war der Abflugort Stuttgart und lag damit in einem Mitgliedstaat der EU.

Hinweis: Bei verspäteten Flügen sollten Reisende stets prüfen, ob sie Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung haben. Die Entschädigung beträgt je nach gebuchter Flugstrecke zwischen 125 EUR und 600 EUR.


Quelle: BGH, Urt. v. 09.05.2023 - X ZR 15/20
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 08/2023)

Schienen, Wasserstraßen, Menschenansammlung: Bußgeld für Drohnenpiloten nach diversen Ordnungswidrigkeiten

Mit Kamerafahrten, die noch vor nicht allzu langer Zeit nur Profis mit immens hohem technischen Aufwand vorbehalten waren, kann heute dank Drohnen nahezu jeder Hobbypilot beeindruckend punkten. Doch der Blick von oben ist nicht so regelfrei, wie es einige meinen. Das Amtsgericht Schwerin (AG) musste im Folgenden über die korrekte Nutzung des Verkehrsraums, der oberhalb unserer Köpfe liegt, entscheiden.

Mit Kamerafahrten, die noch vor nicht allzu langer Zeit nur Profis mit immens hohem technischen Aufwand vorbehalten waren, kann heute dank Drohnen nahezu jeder Hobbypilot beeindruckend punkten. Doch der Blick von oben ist nicht so regelfrei, wie es einige meinen. Das Amtsgericht Schwerin (AG) musste im Folgenden über die korrekte Nutzung des Verkehrsraums, der oberhalb unserer Köpfe liegt, entscheiden.

Eine nicht gekennzeichnete Drohne flog über eine Bundesfernstraße, eine Bundeswasserstraße, eine Bahnlinie sowie über eine Ansammlung von mehr als 1.000 Personen. Und obwohl es sich bei dem Flugobjekt um eine kleinere Ausführung unterhalb von 250 Gramm handelte, wurden diese Flugmanöver von der Polizei beobachtet.

Der Drohnenführer wurde schließlich vom AG zu einer Geldbuße von 1.250 EUR verurteilt. Er meinte jedoch, alle Abstände zu Schienen und Wasserstraßen eingehalten zu haben. Damit, dass mitten in der Coronazeit eine Menschenansammlung von mehr als 1.000 Personen auftauchen würde, habe er nicht rechnen können. Diese Einwände halfen nicht, da die Polizei den Drohnenführer erkannte - dieser hatte nämlich behauptet, die Drohnen nicht gesteuert zu haben. Zugleich konnten die Ordnungshüter belegen, dass er die vorgeschriebenen Mindestabstände zur Bundesstraße, zur Bundeswasserstraße und zu einer Bahnlinie nicht eingehalten habe. Außerdem flog der Betroffene seine Drohne verbotenerweise über eine Menschenansammlung. Der Betroffene hatte die Drohne zudem nicht mit einer Registrierung versehen. Diese Pflicht gilt aber auch für 249-Gramm-Drohnen, wenn sie - wie hier - eine Kamera haben. Somit habe eine Mehrzahl von Ordnungswidrigkeiten nachgewiesen werden können, die das entsprechende Bußgeld rechtfertigte.

Hinweis: Wer sich wundert, nicht öfters von Urteilen zu verbotenen Drohnenflügen zu lesen - leider gilt auch hier: Wer schwer zu sehen und zudem auch noch extrem flink und wendig ist, hat schlicht und ergreifend bei Missetaten oft die entscheidenden Trümpfe in der Hand.


Quelle: AG Schwerin, Urt. v. 05.04.2023 - 35 OWi 6/23
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 08/2023)

Verbot der Sonntagsbeschäftigung: Wettbewerbsfähigkeit allein ist noch kein Grund für Ausnahmegenehmigung

Grundsätzlich ist in Deutschland die Arbeit an Sonn- und Feiertagen verboten. Doch Unternehmen dürfen in Ausnahmefällen entsprechende Genehmigungen beantragen. Ob im Fall des Verwaltungsgerichts Berlin (VG) bei einem Onlinemöbelhändler ein solcher Ausnahmefall vorlag, weil er ohne eine Genehmigung im Wettbewerb mit im Ausland befindlichen Unternehmen benachteiligt sei, lesen Sie hier.

Grundsätzlich ist in Deutschland die Arbeit an Sonn- und Feiertagen verboten. Doch Unternehmen dürfen in Ausnahmefällen entsprechende Genehmigungen beantragen. Ob im Fall des Verwaltungsgerichts Berlin (VG) bei einem Onlinemöbelhändler ein solcher Ausnahmefall vorlag, weil er ohne eine Genehmigung im Wettbewerb mit im Ausland befindlichen Unternehmen benachteiligt sei, lesen Sie hier.

Ein Onlinemöbelhaus beschäftigte über 1.600 Mitarbeiter, davon 215 im Kundendienst. Der Kundenservice wurde aktuell auch an Sonn- und Feiertagen durchgeführt - dann allerdings durch deutschsprachige Beschäftigte in Callcentern in Polen und Irland. Nun beantragte das Onlinemöbelhaus, ausnahmsweise die Sonn- und Feiertagsarbeit für bis zu 14 Beschäftigte im Kundenservice im Homeoffice in Sachsen zu bewilligen. Als das Landesamt für Arbeitsschutz diesen Antrag ablehnte, klagte das Möbelhaus. Es meinte, Kunden seien es gewohnt, den Kundenservice auch sonntags zu erreichen. Andernfalls würden die Kunden zur Konkurrenz abwandern.

Mit dem Argument kam das Möbelhaus beim VG nicht weiter. Zwar erlaubt das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) die Sonn- und Feiertagsbeschäftigung in Ausnahmefällen. Das geht aber nur, wenn bei einer weitgehenden Ausnutzung der gesetzlich zulässigen wöchentlichen Betriebszeiten die Konkurrenzfähigkeit durch längere Betriebszeiten im Ausland unzumutbar beeinträchtigt sei. Außerdem muss durch die Genehmigung der Sonn- und Feiertagsarbeit die Beschäftigung gesichert werden können. Hier konnten die Richter dem Antrag allerdings nicht stattgeben, da das ArbZG eindeutig dagegen sprach. Das Onlinemöbelhaus nutzte die zulässige Betriebszeit nämlich nicht aus. Die Argumente des Möbelhauses, dass es nicht sinnvoll sei, telefonischen Kundenservice auch nachts anzubieten, weil es dann keine Anfragen gebe, ließ das VG nicht gelten.

Hinweis: Ein Onlinehändler darf also Arbeitnehmer im Kundenservice in Deutschland an Sonn- und Feiertagen nicht beschäftigen. Für ihn gilt nichts anderes als für andere Händler auch.


Quelle: VG Berlin, Urt. v. 27.04.2023 - VG 4 K 311/22
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 08/2023)

Keine hinreichende Rechtsgrundlage: Fahrverbot gilt nicht für fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge

Dass eine Trunkenheitsfahrt auf sogenannten fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen wie Fahrrad oder neuerdings auch E-Scootern zum Verlust der Fahrerlaubnis führen kann, haben Gerichte bereits entschieden. Ob eine Fahrerlaubnisbehörde hingegen auch eben jenes Fahren mit Fahrrädern oder E-Scootern nach einer Trunkenheitsfahrt verbieten darf, musste der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) klären.

Dass eine Trunkenheitsfahrt auf sogenannten fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen wie Fahrrad oder neuerdings auch E-Scootern zum Verlust der Fahrerlaubnis führen kann, haben Gerichte bereits entschieden. Ob eine Fahrerlaubnisbehörde hingegen auch eben jenes Fahren mit Fahrrädern oder E-Scootern nach einer Trunkenheitsfahrt verbieten darf, musste der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) klären.

Dem Kläger war wegen einer fahrlässigen Trunkenheitsfahrt im Verkehr 2015 die Fahrerlaubnis für ein Jahr entzogen worden. 2016 beantragte er die Neuerteilung der Fahrerlaubnis. Dies lehnte das Landratsamt ab, da er das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten (MPU) nicht beibrachte. Daraufhin verzichtete der Kläger auf einen förmlichen Ablehnungsbescheid. 2021 wurde dem Landratsamt durch polizeiliche Mitteilung bekannt, dass die Polizei den Kläger auf einem dreirädrigen Mofa einer allgemeinen Verkehrskontrolle unterzogen und dabei deutlichen Alkoholgeruch festgestellt hatte. Die entnommene Blutprobe wies eine Blutalkoholkonzentration von 1,24 ‰ auf. Wegen dieses Vorfalls verhängte das zuständige Amtsgericht durch Strafbefehl ein Fahrverbot von drei Monaten gegen den Kläger. Das Landratsamt forderte daraufhin den Kläger auf, eine MPU zu absolvieren und das Gutachten vorzulegen. Der Kläger teilte mit, er werde der Aufforderung nicht nachkommen. Die Behörde untersagte daraufhin dem Kläger, fahrerlaubnisfreie Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr zu führen.

Die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil, das die Anordnung für rechtmäßig hielt, hatte Erfolg. Die Fahrerlaubnisbehörde kann das Führen von Fahrzeugen verbieten, wenn sich jemand - insbesondere durch Fahrten unter Alkohol- oder Drogeneinfluss - als hierzu ungeeignet erweist. Dies gilt aber nicht für fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge. Zur Begründung führte das Gericht an, solche Fahrverbote stellten einen schweren Eingriff in die als Ausprägung der allgemeinen Handlungsfreiheit grundrechtlich geschützte Mobilität und eine erhebliche Belastung für die Betroffenen dar. Der entsprechende § 3 Abs. 1 Satz 1 Fahrerlaubnis-Verordnung, auf den die behördliche Praxis die Verbote stützt, kann nicht als Rechtsgrundlage herangezogen werden, denn er regele die Anforderungen an die Eignung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen nicht hinreichend. Eine Übertragung der Maßstäbe für das Führen von Kraftfahrzeugen auf das Führen von Fahrrädern oder E-Scootern ist wegen des unterschiedlichen Gefahrenpotentials ebenfalls nicht möglich.

Hinweis: Umstritten war dabei die Frage, unter welchen Voraussetzungen auch das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen untersagt werden kann. Diese Frage hat der VGH nun geklärt: Das geltende Recht bietet demnach keine Grundlage für ein Verbot, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen. Der unterlegene Freistaat Bayern kann gegen das Urteil beim Bundesverwaltungsgericht Revision einlegen.


Quelle: Bayerischer VGH, Urt. v. 17.04.2023 - 11 BV 22.1234
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 08/2023)