Gespaltene Gewinnverwendung: Einstellung in gesellschafterbezogene Gewinnrücklage führt noch nicht zum Kapitalertrag
Gesellschafter einer GmbH können im Rahmen der Gewinnverwendung beschließen, dass nur die Gewinnanteile bestimmter Gesellschafter ausgeschüttet werden, während die Anteile anderer Gesellschafter am Gewinn in gesellschafterbezogene Gewinnrücklagen eingestellt werden. Dieser Fall der sogenannten gespalteten Gewinnverwendung hat nun den Bundesfinanzhof (BFH) beschäftigt. Konkret war durch das Gericht zu klären, ob ein Gewinn bereits bei Einstellung in die gesellschafterbezogene Rücklage steuerlich zugeflossen ist, so dass er als Kapitalertrag versteuert werden muss.
Im zugrundeliegenden Fall hatte das Finanzamt einen in die Rücklage eingestellten Gewinn eines beherrschenden Gesellschafters als Kapitalertrag besteuert und erklärt, dass dieser aufgrund seiner beherrschenden Stellung jederzeit über den Gewinn verfügen könne.
Der BFH lehnte einen Steuerzugriff jedoch ab und urteilte, dass durch die Einstellung in die personenbezogene Gewinnrücklage noch keine Kapitaleinkünfte angefallen seien. Gespaltene Gewinnverwendungen sind gesellschaftsrechtlich zulässig, wenn sie - wie im Urteilsfall - nach der Satzung der GmbH möglich sind und die Gesellschafter wirksam einen entsprechenden Beschluss gefasst haben. Dieser Beschluss muss grundsätzlich auch steuerlich anerkannt werden. Unerheblich war für die Bundesrichter, dass der Kläger ein beherrschender Gesellschafter war. Es war vorliegend noch kein konkreter, auszahlbarer Gewinnanspruch entstanden. Der Anspruch entsteht vielmehr erst durch einen erneuten Gewinnverwendungsbeschluss, der die Ausschüttung des Gewinns vorsieht. Da ein solcher Beschluss noch nicht gefasst worden war, hatte der Kläger keine Forderung erlangt, die er aufgrund seiner beherrschenden Stellung jederzeit hätte realisieren können.
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(aus: Ausgabe 04/2022)