Neuigkeiten zu rechtlichen Themen

Widerspruch oder Änderungswille? Ist ein Widerruf nicht eindeutig erkennbar, bleibt vorher getroffene Erbeinsetzung bestehen

Mit der Errichtung eines neuen Testaments kann ein früheres Testament aufgehoben werden - muss es aber nicht. Gerichten wie im Folgenden dem Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) obliegt es bei Vorhandensein mehrerer Testamente, die einzelnen Versionen miteinander abzugleichen und zu prüfen, ob sie einander widersprechen und somit ersetzen, oder ob es mit einem aktualisierten Testament lediglich zu Teiländerungen durch Vermächtnisanordnungen gekommen ist.

Mit der Errichtung eines neuen Testaments kann ein früheres Testament aufgehoben werden - muss es aber nicht. Gerichten wie im Folgenden dem Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) obliegt es bei Vorhandensein mehrerer Testamente, die einzelnen Versionen miteinander abzugleichen und zu prüfen, ob sie einander widersprechen und somit ersetzen, oder ob es mit einem aktualisierten Testament lediglich zu Teiländerungen durch Vermächtnisanordnungen gekommen ist.

Der im Jahr 2021 verstorbene Erblasser war verheiratet und hinterließ keine eigenen Kinder. Darüber hinaus hatte er noch zwei Geschwister, eine Schwester und einen Bruder, der kurz nach dem Erblasser verstarb. In einem notariellen Testament hatte der Erblasser seine Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt. Die Schwester des Erblassers wurde als Vermächtnisnehmerin für landwirtschaftliche Grundstücke und die Hälfte eines Kontoguthabens benannt. Die Ehefrau sollte sich zudem um die Beerdigungs- und Grabpflegekosten kümmern. In den Jahren 2014 und 2015 errichtete der Erblasser mehrere handschriftliche Testamente, in denen überwiegend die Grundstücke neu verteilt wurden. Die Grundstücke sollten an den Bruder und die Schwester des Erblassers gehen, die Ehefrau sollte ein lebenslanges Wohnrecht erhalten. Die Ehefrau war der Ansicht, dass sie auch nach der Errichtung der handschriftlichen Testamente Alleinerbin nach dem Erblasser geworden war, die Schwester vertrat die Ansicht, dass durch die nachfolgenden handschriftlichen Testamente die Erbfolge neu geregelt worden sei und die Schwester zusammen mit dem Bruder und der Ehefrau zu Erben berufen seien.

Dieser Ansicht schloss sich das OLG nicht an und entschied, dass die Ehefrau Alleinerbin geworden ist. Zunächst stellte das Gericht klar, dass ein handschriftliches Testament auch ein früheres notarielles Testament aufheben oder ändern könne, ohne dass dies ausdrücklich ausgesprochen wird. Notwendig hierbei ist, dass ein klarer Widerspruch oder Änderungswille auf Seiten des Erblassers erkennbar wird. Da ein ausdrücklicher Widerruf hier nicht erfolgt sei, kam es ausschließlich auf die Frage an, ob ein inhaltlicher Widerspruch der nachfolgenden Testamente zu dem notariellen Testament festgestellt werden konnte - und dies war nach Ansicht des OLG nicht der Fall. Ein Widerspruch liege nur dann vor, wenn sich die alte und die neue Regelung nicht miteinander vereinbaren ließen. Die späteren Testamente betrafen hier vor allem Grundstücke des Erblassers, nicht aber das Gesamtvermögen. Als erheblicher Teil des Vermögens existierte zudem auch ein Wertpapierdepot, das in den späteren Testamenten nicht erwähnt wurde, ebenso wenig gab es eine Neuregelung zu den Beerdigungs- und Grabpflegekosten. Dies führe nach Ansicht des Gerichts dazu, dass der Erblasser nur einzelne Dinge neu regeln wollte, nicht aber die gesamte Erbfolge. Da der Erblasser nur über einzelne Nachlassgegenstände eine neue Verfügung getroffen habe, handelte es sich nur um Teiländerungen durch Vermächtnisanordnungen. Das notarielle Testament blieb in seinem Kern hinsichtlich der Einsetzung der Ehefrau als Alleinerbin daher gültig.

Hinweis: Die Beweislast für das Vorliegen eines Widerrufs trägt derjenige, der sich auf die Aufhebung des Testaments beruft.


Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.08.2025 - 14 W 100/24
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 10/2025)

Premiummitgliedschaft: BGH sieht kein jederzeitiges Kündigungsrecht bei Onlinepartnerportalen

Die Liebe verhält sich wie das Leben selbst bekanntermaßen unberechenbar. Wer sich in einem Onlineportal registriert hat, um die Liebe des Lebens zu finden, ist nicht davor gefeit, leer auszugehen oder gar doch schon schneller als erwartet von Amors Pfeil getroffen zu werden. Doch was dann? Vor kurzem hat sich sogar der  Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage beschäftigt, ob Kunden eines Onlinepartnervermittlungsportals jederzeit kündigen können.

Die Liebe verhält sich wie das Leben selbst bekanntermaßen unberechenbar. Wer sich in einem Onlineportal registriert hat, um die Liebe des Lebens zu finden, ist nicht davor gefeit, leer auszugehen oder gar doch schon schneller als erwartet von Amors Pfeil getroffen zu werden. Doch was dann? Vor kurzem hat sich sogar der  Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage beschäftigt, ob Kunden eines Onlinepartnervermittlungsportals jederzeit kündigen können.

Die Beklagte betreibt ein Partnerportal, bei dem Nutzer zwischen einer kostenlosen Basismitgliedschaft und einer kostenpflichtigen Premiummitgliedschaft wählen konnten. Bei der Premiummitgliedschaft werden Verträge mit Erstlaufzeiten von sechs Monaten (479,40 EUR; 79,90 EUR monatlich), zwölf Monaten (790,80 EUR; 65,90 EUR monatlich) oder 24 Monaten (1.101,60 EUR; 45,90 EUR monatlich) angeboten. Werde nicht rechtzeitig gekündigt, verlängere sich der Vertrag automatisch - und zwar um ganze zwölf Monate. Eine Verbraucherschutzorganisation klagte gegen diese Klauseln. Das Oberlandesgericht Hamburg (OLG) entschied in dieser Sache, dass Kunden nicht jederzeit kündigen können und die Vertragsverlängerung bei 24-monatigen Verträgen durchaus zulässig sei. Bei den sechs- und zwölfmonatigen Verträgen sah das OLG hingegen die Verlängerungsklauseln als unwirksam an. Beide Parteien legten Revision beim BGH ein.

Der BGH bestätigte, dass das Kündigungsrecht nach § 627 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hier nicht gelte, weil die Leistung der Plattform überwiegend aus einer Onlinedatenbank besteht und die Partnersuche automatisiert abläuft. Eine Pauschalregelung für ein jederzeitiges Kündigungsrecht setze eine persönliche Beziehung voraus, und eben diese bestand hier nicht. Die Vertragsverlängerung bei sechsmonatigen Verträgen benachteiligte die Kunden hingegen unangemessen, weil die Verlängerung die Kunden mit Kosten von gut 791 EUR statt einst knapp 480 EUR gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB finanziell benachteiligte. Bei den Premiummodellen mit den Vertragslaufzeiten von zwölf und 24 Monaten sah der BGH jedoch keine unangemessene Benachteiligung.

Hinweis: Onlineverträge können spezielle Kündigungsregeln enthalten. Wer unsicher ist, sollte die AGB genau prüfen und Kündigungsfristen beachten. Automatisierte Leistungen begründen kein jederzeitiges Kündigungsrecht.

Quellen: BGH, Urt. v. 17.07.2025 - III ZR 388/23

zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 10/2025)

Zulässige Wuchshöhe: Bäume und Sträucher werden von dem Punkt aus gemessen, an dem sie aus der Erde treten

Wie die zulässige Höhe von Bäumen und Sträuchern an der Grenze zu einem Nachbargrundstück gemessen wird, musste der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden. Im Mittelpunkt stand ein Grundstücksstreit zwischen Nachbarn in Baden-Württemberg, bei dem die Gerichte zuerst unterschiedlicher Meinung waren. Die zentrale Frage war hierbei, welchen Einfluss die Grundstücksaufschüttung um 1 m auf die zulässige Pflanzenhöhe hat.

Wie die zulässige Höhe von Bäumen und Sträuchern an der Grenze zu einem Nachbargrundstück gemessen wird, musste der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden. Im Mittelpunkt stand ein Grundstücksstreit zwischen Nachbarn in Baden-Württemberg, bei dem die Gerichte zuerst unterschiedlicher Meinung waren. Die zentrale Frage war hierbei, welchen Einfluss die Grundstücksaufschüttung um 1 m auf die zulässige Pflanzenhöhe hat.

Die Parteien vor dem BGH waren Nachbarn. Davon hat die eine Seite ihr Grundstück beim Hausbau 1994 um einen Meter aufgeschüttet und an der Grenze einen portugiesischen Lorbeerbaum, einen Fliederbaum, eine Kreppmyrte und einen Rosenstrauch gedeihen lassen. Die Nachbarn verlangten nun, dass diese Pflanzen jährlich zwischen Oktober und Februar auf bestimmte Höhen - gemessen vom Boden ihres eigenen Grundstücks aus - gekürzt werden. Das Amtsgericht (AG) gab dem Wunsch teilweise Recht. Es entschied, dass Lorbeer, Flieder und Myrte bis auf 1,80 m zurückzuschneiden seien, und zwar vom Niveau aus gemessen, von dem die Gewächse aus der Erde treten. Der Rosenstrauch dürfe ungekürzt sein weiteres Dasein fristen. Das nachfolgende Landgericht (LG) änderte dann aber die Kürzungsmaße, da es von der Grundstücksfläche der Nachbarn aus maß, das ja rund 1 m tiefer lag.

Der BGH hob das Urteil des LG auf. Es entschied, dass die Höhe ab dem Punkt zu messen ist, an dem die Pflanzen aus dem Boden treten - also so, wie zuerst vom AG bewertet. Dabei galt: Die zulässige Höhe richtet sich nach den gesetzlichen Vorgaben des Landesnachbarrechts Baden-Württembergs, also dem Land, in dem der Fall seinen Anfang nahm. Demnach dürfen Bäume und Sträucher je nach Abstand zur Grundstücksgrenze bestimmte Höhen nicht überschreiten - bei 2 m Abstand maximal 1,80 m, bei 3 m Abstand bis 4 m. Die künstliche Aufschüttung des Grundstücks spiele dabei nur eine Rolle, wenn sie gleichzeitig mit der Pflanzung erfolgt ist, um die Höhenbegrenzung zu umgehen. Das war hier jedoch nicht der Fall gewesen. Daher mussten die Pflanzen auf die gesetzlich erlaubte Höhe zurückgeschnitten werden - und zwar gemessen vom ursprünglichen Bodenaustritt.

Hinweis: Die zulässige Höhe von Pflanzen an Nachbargrenzen wird grundsätzlich von der Stelle aus gemessen, an der sie aus dem Boden wachsen. Künstliche Aufschüttungen, die später erfolgten, ändern dies nicht. Der Schnitt darf nur in den vorgeschriebenen Zeiten erfolgen.


Quelle: BGH, Urt. v. 27.06.2025 - V ZR 180/24
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 10/2025)

Eigentümergemeinschaft: Inhaltliche Änderung im Umlaufbeschluss erfordert statt einfacher Mehrheit die Zustimmung aller

Mit einem Umlaufbeschluss werden Beschlüsse statt per Zusammenkunft der Beteiligten nur auf schriftlichem Weg gefasst. Das Amtsgericht Köln (AG) musste sich im hier behandelten Fall mit einem solchen Umlaufbeschluss in einer Wohnungseigentümergemeinschaft beschäftigen. Es ging dabei um die Bestellung von Mülltonnen und darum, ob ein Antrag im Umlaufverfahren einfach so geändert werden darf - und wenn ja, welcher Mehrheiten es dann bedarf, um Gültigkeit zu erlangen.

Mit einem Umlaufbeschluss werden Beschlüsse statt per Zusammenkunft der Beteiligten nur auf schriftlichem Weg gefasst. Das Amtsgericht Köln (AG) musste sich im hier behandelten Fall mit einem solchen Umlaufbeschluss in einer Wohnungseigentümergemeinschaft beschäftigen. Es ging dabei um die Bestellung von Mülltonnen und darum, ob ein Antrag im Umlaufverfahren einfach so geändert werden darf - und wenn ja, welcher Mehrheiten es dann bedarf, um Gültigkeit zu erlangen.

Ein Wohnungseigentümer wollte, dass im Umlaufverfahren über eine Wertstofftonne mit einer bestimmten Größe abgestimmt wird. Die Eigentümergemeinschaft hatte zuvor in einer Versammlung beschlossen, dass ein Umlaufbeschluss über drei 770-Liter-Container gefasst werden sollte. Die Verwalterin startete dann das Umlaufverfahren, setzte aber dabei eine 240-Liter-Tonne als neue Variante ein. Dieser Beschluss wurde mit Mehrheit angenommen - gegen die Stimmen der beiden Eigentümer, die nun klagten. Sie argumentierten, dass hier alle Eigentümer hätten zustimmen müssten, weil der neue Antrag nicht vom ursprünglichen Versammlungsbeschluss gedeckt war.

Das AG gab den klagenden Eigentümern recht und erklärte den Umlaufbeschluss für ungültig. Nach § 23 Wohnungseigentumsgesetz darf ein Umlaufbeschluss über einen konkreten Gegenstand nur mit einfacher Mehrheit gefasst werden, sofern dieser Gegenstand genau dem entspricht, was zuvor beschlossen wurde. Wird der Inhalt geändert - wie hier das Fassungsvermögen der Mülltonne -, ist hingegen die Zustimmung aller Eigentümer nötig. Das Gericht stellte klar, dass die Verwalterin nicht einfach eine andere Variante auswählen darf. Entscheidend war, dass der ursprünglich beschlossene Antrag eine bestimmte Lösung vorsah und die neue Variante nicht durch diesen Beschluss gedeckt war. Damit sind Änderungen im Umlaufverfahren ohne Zustimmung aller Eigentümer nicht zulässig, selbst wenn die Mehrheit für die neue Lösung stimmt.

Hinweis: Ein Umlaufbeschluss muss sich genau an den zuvor gefassten Antrag halten. Ändert sich der Inhalt, braucht es die Zustimmung aller Eigentümer. Die Entscheidung zeigt, wie wichtig genaue Abstimmungsregeln in Eigentümergemeinschaften sind.


Quelle: AG Köln, Urt. v. 14.04.2025 - 215 C 57/24
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 10/2025)

Eigenbedarfskündigung: Wer sich auf die Härtefallregelung stützen möchte, muss den Härtefall belegen können

Die Eigenbedarfskündigung schwebt wie ein Damoklesschwert über Wohnraummietern. Zwar wird auch immer wieder eine derartige Kündigung gerichtlich abgewehrt. Doch wie der Fall vor dem Amtsgericht Brandenburg (AG) beweist, hat der Eigentümer erstens die Entscheidungsbefugnis über seinen Wohnbedarf und der Mieter zweitens eine nicht unbeachtliche Nachweispflicht, was die Geltendmachung der Härtefallregelung nach § 574 Bürgerliches Gesetzbuch angeht.

Die Eigenbedarfskündigung schwebt wie ein Damoklesschwert über Wohnraummietern. Zwar wird auch immer wieder eine derartige Kündigung gerichtlich abgewehrt. Doch wie der Fall vor dem Amtsgericht Brandenburg (AG) beweist, hat der Eigentümer erstens die Entscheidungsbefugnis über seinen Wohnbedarf und der Mieter zweitens eine nicht unbeachtliche Nachweispflicht, was die Geltendmachung der Härtefallregelung nach § 574 Bürgerliches Gesetzbuch angeht.

Der Vermieter kündigte in diesem Fall seiner Mieterin die Wohnung, weil seine schwerkranke Schwester dort einziehen sollte. Die Mieterin widersprach der Kündigung und erklärte, ein Auszug wäre für sie unzumutbar. Sie sei körperlich und psychisch krank, und ein Umzug könnte ihren Gesundheitszustand stark verschlechtern oder sogar zu Suizidgedanken führen. Der Vermieter argumentierte, dass seine Schwester die Wohnung dringend benötige, da sie sich seit ihrer Erkrankung nicht mehr in ihrer bisherigen Wohnung aufhalten könne und auf die neue Wohnung warte.

Das AG entschied, dass die Räumung der Wohnung zulässig war. Die Kündigung war wirksam, der Eigenbedarf nachvollziehbar und nachweislich vorhanden. Das Gericht prüfte dabei nicht, ob die Wohnung objektiv notwendig sei, sondern akzeptierte die Entscheidung des Eigentümers über den Wohnbedarf. Eine unzumutbare Härte lag zudem nicht vor, weil keine konkrete Verschlechterung der Gesundheit der Mieterin nachgewiesen wurde. Nur mögliche Depressionen oder Suizidgedanken reichten nicht aus, um die Interessen der Schwester zu überwiegen. Auch müsse die Mieterin die üblichen Nachteile eines Umzugs - wie finanzielle Belastungen - hinnehmen. Wichtig ist, dass ein Mieter nur dann eine Härte geltend machen kann, wenn er sich bereits ernsthaft und nachweislich um Ersatzwohnraum bemüht hat. Im vorliegenden Fall war das nicht geschehen.

Hinweis: Eigenbedarfskündigungen können auch bei schwerkranken Mietern durchgesetzt werden, wenn die Härte nicht konkret nachweisbar ist. Mieter sollten rechtzeitig nach einer Ersatzwohnung suchen, um eine solche Härte entsprechend geltend zu machen. Die Entscheidung des Eigentümers über den Wohnbedarf ist für das Gericht bindend.


Quelle: AG Brandenburg, Urt. v. 27.03.2025 - 30 C 99/23
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 10/2025)

Tesla online gekauft: Zulässige Widerrufsbelehrung ohne Telefonnummer und Kostenangaben zur Rücksendung

Wer seine Geschäfte rechtlich sauber betreiben will, ist gut beraten, zur eigenen Absicherung offizielle Mustertexte zu nutzen, so zum Beispiel auch für Onlineverkäufe. Gezwungen ist hierzu niemand, solange er eigene Texte nutzt, die ebenso rechtlich wasserdicht sind wie die Mustervorlagen. Das Landgericht Frankenthal (LG) musste prüfen, ob Tesla bei seinen Onlineverkäufen trotz Fehlens einiger Eckpunkte die rechtlichen Voraussetzungen des Widerrufsrechts erfüllt hat.

Wer seine Geschäfte rechtlich sauber betreiben will, ist gut beraten, zur eigenen Absicherung offizielle Mustertexte zu nutzen, so zum Beispiel auch für Onlineverkäufe. Gezwungen ist hierzu niemand, solange er eigene Texte nutzt, die ebenso rechtlich wasserdicht sind wie die Mustervorlagen. Das Landgericht Frankenthal (LG) musste prüfen, ob Tesla bei seinen Onlineverkäufen trotz Fehlens einiger Eckpunkte die rechtlichen Voraussetzungen des Widerrufsrechts erfüllt hat.

Ein Mann hatte über eine Onlineplattform einen neuen Tesla für mehr als 65.000 EUR gekauft. Tesla hatte dem Bestellformular eine selbst entworfene Widerrufsbelehrung beigefügt. Ende Dezember 2022 wurde das Fahrzeug ausgeliefert. Der Käufer nutzte es ein knappes Jahr, wollte es dann aber wieder loswerden und berief sich auf zahlreiche Mängel, die seitens Tesla sämtlich bestritten wurden. Ende November 2023 widerrief der Mann schließlich den Vertrag unter Hinweis auf sein gesetzliches Widerrufsrecht als Onlinekäufer. Er sei nicht ordnungsgemäß belehrt worden, weil Tesla nicht die gesetzliche Musterbelehrung verwendet habe. Das stattdessen genutzte Formular sei dagegen nicht hinreichend klar abgefasst, die Telefonnummer der Firma sei nicht angegeben, und über die Höhe der Rücksendekosten des Fahrzeugs werde darin nicht aufgeklärt. Der Widerruf sei daher trotz des Zeitablaufs wirksam und er schulde aufgrund der fehlerhaften Belehrung auch keinen Ersatz für die Nutzung des Fahrzeugs.

Die Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs wurde vom LG abgewiesen. Der Käufer habe nach mehr als einem Jahr kein Recht mehr, den Onlinevertrag zu widerrufen. Tesla habe von der gesetzlich vorgesehenen Musterbelehrung abweichen dürfen; diese sei lediglich ein Vorschlag für einen rechtssicheren Weg. Auch im hier verwendeten Text seien die Voraussetzungen des Widerrufsrechts deutlich und konkret genug benannt. So waren weder die Angabe der Telefonnummer noch Angaben zu den Kosten der Rücksendung des Pkw gesetzlich zwingend vorgeschrieben. Der Onlinekäufer wurde in Augen des LG demnach ausreichend über sein Widerrufsrecht informiert. Auch die daneben geltend gemachten Mängel am Fahrzeug habe der Käufer sämtlich nicht nachgewiesen.

Hinweis: Neufahrzeuge werden heutzutage häufig online gekauft. Verbrauchern steht dabei grundsätzlich ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu, das sie nicht begründen müssen und über das sie der Verkäufer ordnungsgemäß belehren muss. Wenn die Widerrufsbelehrung beim Onlinekauf eines Pkw die Voraussetzungen des Widerrufsrechts deutlich und konkret benennt, kann der Verkäufer von der gesetzlichen Musterbelehrung abweichen.
 
 
 


Quelle: LG Frankenthal, Urt. v. 12.05.2025 - 4 O 114/24
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 10/2025)

Unpräzise Nacherbenregelung: Erbe sollte stets konkret benannt und nicht nur umschrieben werden

Im Grunde genommen hatte der Erblasser dieses Falls völlig Recht. Sein Stiefsohn war behindert, und der Mann wollte mit seiner letztwilligen Verfügung sicherstellen, dass es dem Sohn später an nichts fehle und dafür jene Person, die sich besonders gut um ihm kümmern würde, zu dessen Nacherbin werden solle. Erbrechtsinteressierte ahnen jedoch, dass hier etwas Entscheidendes fehlt - und so sah es auch das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG).

Im Grunde genommen hatte der Erblasser dieses Falls völlig Recht. Sein Stiefsohn war behindert, und der Mann wollte mit seiner letztwilligen Verfügung sicherstellen, dass es dem Sohn später an nichts fehle und dafür jene Person, die sich besonders gut um ihm kümmern würde, zu dessen Nacherbin werden solle. Erbrechtsinteressierte ahnen jedoch, dass hier etwas Entscheidendes fehlt - und so sah es auch das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG).

Der Erblasser hatte sein eigenhändiges Testament errichtet, den nichtehelichen behinderten Sohn der vorverstorbenen Ehefrau, der zu diesem Zeitpunkt unter Betreuung stand, zum Alleinerben eingesetzt und eine Dauertestamentsvollstreckung angeordnet. Im Testament hieß es unter anderem, dass nach dem Tod des Sohns diejenige Person erben solle, die "besonders gut mit dem Sohn" konnte. Und so kam es schließlich, dass die langjährige gesetzliche Betreuerin des Sohns nachvollziehbarerweise der Ansicht war, eben diese Person zu sein. Infolgedessen beantragte sie als Nacherbin einen entsprechenden Erbschein.

Das OLG entschied jedoch, dass die letztwillige Verfügung in diesem Punkt zu unbestimmt und daher rechtlich unwirksam sei. Ein Erblasser könne nach dem Willen des Gesetzgebers eine Verfügung nicht in der Weise treffen, dass ein anderer zu bestimmen habe, ob sie gelten solle oder nicht. Es reiche nicht aus, dass man lediglich der Ansicht ist, der Wille sei irgendwie erkennbar. Wer mit der Verfügung gemeint ist, muss objektiv und für jeden Außenstehenden klar nachvollziehbar sein. Nicht ausreichend war für das OLG ebenfalls, dass die Betreuerin über 26 Jahre für den Erblasser zuständig gewesen war und ein zweifellos gutes Verhältnis zwischen ihnen bestanden hatte. Denn diese Beziehung hatte einen beruflich-professionellen Hintergrund und lässt deshalb keinen zwingenden Rückschluss darauf zu, dass eine solche Person (die zudem auch nicht mit dem Sohn in einer Hausgemeinschaft lebte) mit der Formulierung in dem Testament gemeint gewesen sei. Diese Lücke in der letztwilligen Verfügung kann nicht durch eine Interpretation geschlossen werden.

Hinweis: Gerade bei der Einsetzung von Personen als Erben oder Vermächtnisnehmer ist darauf zu achten, dass diese hinreichend präzise benannt werden, idealerweise zumindest mit Namen.


Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.07.2025 - 14 W 36/24
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 10/2025)

Unterschriebenes Rückgabeprotokoll: Mieterin kann sich im Nachhinein nicht auf verschwiegene Mängel berufen und Minderung fordern

Auf jedem Rechtsgebiet gibt es Fälle, die sich darum drehen, was eine Unterschrift unter welchen Voraussetzungen wert sei - sprich, wie bindend sie ist. Hier ging um die Frage, ob eine Mieterin nachträglich Mängel geltend machen kann, obwohl sie ein Rückgabeprotokoll ohne derlei Erwähnung unterschrieben hatte. Das Amtsgericht Hanau (AG) hat dazu eine eindeutige Meinung.

Auf jedem Rechtsgebiet gibt es Fälle, die sich darum drehen, was eine Unterschrift unter welchen Voraussetzungen wert sei - sprich, wie bindend sie ist. Hier ging um die Frage, ob eine Mieterin nachträglich Mängel geltend machen kann, obwohl sie ein Rückgabeprotokoll ohne derlei Erwähnung unterschrieben hatte. Das Amtsgericht Hanau (AG) hat dazu eine eindeutige Meinung.

Die Mieterin hatte beim Auszug ein Protokoll unterschrieben, in dem die Wohnung als mangelfrei beschrieben wurde. Später behauptete sie jedoch, die Wohnung sei während der Mietzeit mangelhaft gewesen, und wollte die Miete mindern. Die Vermieter forderten ihrerseits während des Prozesses die ausstehenden Mietzahlungen ein.

Das AG entschied im Sinne der Vermieter, dass die Mieterin die Miete nachzahlen müsse. Schließlich legte das unterschriebene Protokoll den Zustand der Wohnung eindeutig fest. Ein Rückgabeprotokoll diene dazu, den Zustand bei Ein- oder Auszug verbindlich zu dokumentieren, damit später keine Partei etwas anderes behaupten könne. Es spiele dabei keine Rolle, ob die Mieterin die Mängel aus Sorge nicht angegeben habe, von den Vermietern selbst für diese verantwortlich gemacht zu werden. Auch frühere Mängel könnten hier nicht geltend gemacht werden, weil die Mieterin den Vermietern widersprochen hatte, dass überhaupt Mängel behoben worden seien. Der Logik nach wären diese dann ja noch vorhanden, was das Protokoll jedoch nicht darstellte. Damit war das Protokoll bindend und zeigte einen mangelfreien Zustand bei Auszug. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Hinweis: Ein unterschriebenes Rückgabeprotokoll gilt als verbindlich. Mieter sollten Mängel vor der Unterschrift sorgfältig prüfen und dokumentieren. Spätere Mietminderungen sind meist ausgeschlossen, wenn das Protokoll korrekt erstellt wurde.


Quelle: AG Hanau, Urt. v. 11.04.2025 - 32 C 37/24
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 10/2025)

Beschaffenheitsvereinbarung bei Autokauf: Zustandsnote gilt als konkrete Auskunft über Erhaltungszustand eines Oldtimers

Das Schulnotenprinzip wird von klein auf so stark verinnerlicht, dass es sich auch im Erwachsenendasein als Bewertungsskala überall wiederfindet. So ist es auch im Bereich der Gebrauchtwagenverkäufe. Doch Vorsicht: Wer eine solche Einschätzung zum Erhaltungszustand in den Kaufvertrag aufnimmt, steht dafür gerade, dass sich der Käufer im Ernstfall darauf stützen darf. Dieser Ernstfall war vor dem Bundesgerichtshof (BGH) ein bei der Hauptuntersuchung (HU) durchgefallener Oldtimer.

Das Schulnotenprinzip wird von klein auf so stark verinnerlicht, dass es sich auch im Erwachsenendasein als Bewertungsskala überall wiederfindet. So ist es auch im Bereich der Gebrauchtwagenverkäufe. Doch Vorsicht: Wer eine solche Einschätzung zum Erhaltungszustand in den Kaufvertrag aufnimmt, steht dafür gerade, dass sich der Käufer im Ernstfall darauf stützen darf. Dieser Ernstfall war vor dem Bundesgerichtshof (BGH) ein bei der Hauptuntersuchung (HU) durchgefallener Oldtimer.

Der Kläger erwarb im Jahr 2020 im Rahmen eines Privatkaufs einen MG Typ B Roadster, Baujahr 1973 mit H-Zulassung. Der Beklagte hatte für dieses Fahrzeug eine Verkaufsanzeige auf einer Onlineplattform geschaltet. Dort war als Zustandsnote "2-3" angegeben und Bezug genommen worden auf bereits vorliegende Gutachten. Als der neue Halter Anfang des Jahres 2022 das Fahrzeug zur HU vorstellte, wurde die Erteilung einer Prüfplakette wegen erheblicher Mängel abgelehnt - unter anderem wegen starker Korrosion. Nach erfolgloser Aufforderung zur Mangelbeseitigung erklärte der Kläger schließlich den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte mit seiner Klage vom Beklagten im Wesentlichen die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Die Klage hat in den Vorinstanzen zunächst keinen Erfolg gehabt, die Revision des Klägers hingegen schon.

Der BGH entschied nun, dass hier eine Beschaffenheitsvereinbarung dahingehend vorlag, dass das Fahrzeug einen der Zustandsnote "2-3" entsprechenden Zustand aufweise - also einen im mittleren Bereich zwischen den Zustandsnoten "2" und "3" liegenden Erhaltungszustand nach den üblichen Bewertungskriterien. Ob im Einzelfall eine Beschaffenheitsvereinbarung gegeben ist, ist eine Frage der nach beiden Seiten hin interessengerechten Vertragsauslegung. Der Angabe einer Zustandsnote durch den Verkäufer kommt aus Sicht des Käufers die Aussage zu, dass sich das Fahrzeug in einem dieser Zustandsnote entsprechenden Erhaltungszustand befinde und der Verkäufer für das Vorliegen dieses Zustands die Gewähr übernehme. Es ist deshalb von einer Beschaffenheitsvereinbarung auszugehen. Die Bezugnahme auf die Gutachten im Zusammenhang mit dieser Angabe war nicht so zu verstehen, dass der Beklagte auf die Gutachten als fremde Quellen verweisen und zum Ausdruck bringen wollte, dass es sich bei der angegebenen Zustandsnote um fremdes Wissen handele, für das er nicht einstehen wollte. Denn zum einen entsprach die im Kaufvertrag angegebene Zustandsnote von "2-3" weder der Zustandsnote aus einem der Gutachten noch ergab sie sich etwa aus der Bildung eines Mittelwerts der Bewertungen dieser Gutachten. Der BGH verwies deshalb die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück an das Berufungsgericht.

Hinweis: Wird beim Verkauf eines Oldtimers eine Zustandsnote im Kaufvertrag angegeben, stellt diese regelmäßig eine Beschaffenheitsvereinbarung dar. Die Verwendung von Zustandsnoten für die Einstufung des Erhaltungszustands von Oldtimern in einem mehrstufigen Bewertungsmodell ist allgemein gebräuchlich und branchenüblich. Diese allgemein bekannten und anerkannten Zustandsnoten geben konkret Auskunft über den Erhaltungszustand eines Oldtimers. Sie haben maßgeblichen Einfluss auf den Wert und damit auch den Kaufpreis des Fahrzeugs.


Quelle: BGH, Urt. v. 23.07.2025 - VIII ZR 240/24
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 10/2025)

Keine organisatorische Eigenständigkeit: Wahlvorstand scheitert mit Vorbereitung einer Betriebsratswahl

Betriebsräte sind ein scharfes Arbeitnehmerschwert, dem sich Arbeitgeber stellen müssen, um Rechte der Belegschaft zu wahren. Für deren Gründung müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen gegeben sein. Das Arbeitsgericht Köln (ArbG) befasste sich kürzlich damit, ob ein Wahlvorstand im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes einen Anspruch auf Informationen und Unterstützung für eine Betriebsratswahl hat.

Betriebsräte sind ein scharfes Arbeitnehmerschwert, dem sich Arbeitgeber stellen müssen, um Rechte der Belegschaft zu wahren. Für deren Gründung müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen gegeben sein. Das Arbeitsgericht Köln (ArbG) befasste sich kürzlich damit, ob ein Wahlvorstand im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes einen Anspruch auf Informationen und Unterstützung für eine Betriebsratswahl hat.

Eine Fluggesellschaft mit Sitz in Malta betrieb am Flughafen Köln/Bonn einen sogenannten "Basestandort", an dem eine Gruppe von Beschäftigten eingesetzt war. Ein Wahlvorstand wollte dort einen Betriebsrat gründen und verlangte von seiner Arbeitgeberin Informationen und Materialien, um die Wahl entsprechend vorzubereiten. Diese verweigerte jedoch die Forderungen des Wahlvorstands und berief sich dabei darauf, dass der Standort überhaupt keine eigenständige betriebliche Einheit darstelle.

Das ArbG musste nun prüfen, ob an der Behauptung der Arbeitgeberin etwas dran sei. Dabei kam es schließlich auch zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen für einen eigenen Betriebsrat nicht vorlagen. Die Beschäftigten waren organisatorisch eng mit der Zentrale im Ausland verbunden. Vor Ort gab es hingegen keine ausreichende Eigenständigkeit, die eine Betriebsratswahl rechtfertigen konnte. Die Tätigkeiten am Flughafen bezogen sich ausschließlich auf luftverkehrsrechtliche Aufgaben wie Flugabfertigung und Einsatzplanung. Solche Aufgaben genügten nach Ansicht des ArbG nicht, um eine betriebsratsfähige Einheit zu begründen. Zudem stellte das Gericht klar, dass ein Hauptbetrieb im Inland fehlte, an den die Base hätte angebunden werden können. Für die Bildung eines Betriebsrats sei eine solche organisatorische Struktur notwendig. Zudem stellte das Gericht fest, dass keine besondere Eilbedürftigkeit vorlag. Der Wahlvorstand hatte seinerseits bereits erklärt, das Hauptsacheverfahren abzuwarten. In dieser Situation sah das Gericht keinen Grund, im Wege einer einstweiligen Verfügung vorläufige Rechte zuzusprechen. Ein Abwarten sei zumutbar, da keine gravierenden Nachteile drohten. Damit wurde der Antrag des Wahlvorstands zurückgewiesen.

Hinweis: Ein Standort ist nur dann betriebsratsfähig, wenn er ausreichend organisatorisch selbständig ist. Fehlt diese Voraussetzung, kann dort kein Betriebsrat gewählt werden. Eilrechtsschutz kommt nur in Betracht, wenn eine sofortige Entscheidung unbedingt notwendig ist.


Quelle: ArbG Köln, Beschl. v. 16.07.2025 - 18 BVGa 9/25
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 10/2025)