Neuigkeiten zu rechtlichen Themen

"Gefangenes" Grundstück: Auch Parken ist vom Notwegerecht umfasst

Das sogenannte Notwegerecht, dass Zu- und Abfahrten zu einem Grundstück ermöglicht, das selber über keine Anbindung an öffentliche Straßen und Wege verfügt, ist immer wieder Anlass für nachbarschaftlichen Zwist. Im folgenden Fall zum Thema hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun darüber geurteilt, ob dieses Wegerecht nur für Zu- und Abfahrten mit dem Kfz gilt oder auch für das Befahren zu Parkzwecken auf dem sogenannten "gefangenen" Grundstück.

Das sogenannte Notwegerecht, dass Zu- und Abfahrten zu einem Grundstück ermöglicht, das selber über keine Anbindung an öffentliche Straßen und Wege verfügt, ist immer wieder Anlass für nachbarschaftlichen Zwist. Im folgenden Fall zum Thema hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun darüber geurteilt, ob dieses Wegerecht nur für Zu- und Abfahrten mit dem Kfz gilt oder auch für das Befahren zu Parkzwecken auf dem sogenannten "gefangenen" Grundstück.

Durch Teilung eines ursprünglich einheitlichen Grundstücks wurden daraus zwei Grundstücke. Das hintere Grundstück lag in der zweiten Baureihe und hatte keine Anbindung an eine öffentliche Straße. Deshalb mussten die Eigentümer des hinteren Grundstücks durch Nutzung ihres Notwegerechts über das Grundstück des vorderen Eigentümers fahren. Dieser zog nun vor Gericht, da er zwar das Notwegerecht akzeptierte, nicht jedoch das Befahren, um ein Fahrzeug auf dem gefangenen Grundstück zu parken. Während die Vorinstanzen noch über die Höhe einer sogenannten Notwegerente unterschiedlicher Meinung waren - eine Entschädigung, die vom hinteren Eigentümer an einen vorderen gezahlt wird, wenn er dessen Grundstück als Notweg nutzen muss -, war das Oberlandesgericht sogar der Ansicht, dass lediglich notwendige Fahrten vom Notwegerecht umfasst seien und bis auf nur wenige Ausnahmen keine Fahrten zu Parkzwecken.

Ebendies sah der BGH anders. Es bestand ein Notwegerecht nach § 917 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch. Fehlt einem Grundstück demnach die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung zu einem öffentlichen Weg, kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung zu dulden. Soweit die Zufahrt über das Grundstück zu dulden ist, muss auch Nutzungsberechtigten wie Mietern die Zufahrt gewährt werden. Im Gegenzug haben die Eigentümer des Forderungsgrundstücks durchaus einen Anspruch auf eine Notwegerente - also einen Geldanspruch. Das Notwegerecht des Eigentümers eines verbindungslosen ("gefangenen") Wohngrundstücks umfasst grundsätzlich aber auch die Zufahrt mit Kfz zum Zweck des Parkens auf dem verbindungslosen Wohngrundstück. Wären Zufahrten zu Parkzwecken von dem Notwegerecht ausgenommen, würde dies zudem zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten und damit zu Rechtsunsicherheit führen. So dürfte der Notwegeberechtigte sein Kfz beispielsweise dennoch abstellen, wenn die Zufahrt nicht zu Parkzwecken, sondern zum Be- und Entladen erfolgte - nicht aber, wenn das Abstellen alleiniger Zweck der Zufahrt wäre. Der Fahrt mit dem Kfz könne man aber nicht ohne weiteres ansehen, zu welchem Zweck sie erfolge.

Hinweis: Nun ist es also endlich entschieden, dass das Notwegerecht auch dann besteht, wenn Kraftfahrzeuge auf dem hinteren Grundstück nur parken sollen.


Quelle: BGH, Urt. v. 14.03.2025 - V ZR 79/24
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 06/2025)

Nachweis der Rechtsnachfolge: Keine Pflicht für Registergericht, Gleichwertigkeit ausländischer Nachweise eigenständig zu prüfen

Erbfälle sind nicht nur im privaten Bereich, sondern oft auch im beruflichen Kontext mit Konsequenzen verbunden. Sie können bei Letzterem beispielsweise die Notwendigkeit nach sich ziehen, dass Eintragungen im Handelsregister vorgenommen werden müssen. Im Fall des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen (OLG) ging es um die Eintragung der Rechtsnachfolge nach dem Tod eines Kommanditisten einer KG.

Erbfälle sind nicht nur im privaten Bereich, sondern oft auch im beruflichen Kontext mit Konsequenzen verbunden. Sie können bei Letzterem beispielsweise die Notwendigkeit nach sich ziehen, dass Eintragungen im Handelsregister vorgenommen werden müssen. Im Fall des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen (OLG) ging es um die Eintragung der Rechtsnachfolge nach dem Tod eines Kommanditisten einer KG.

Zum Zweck der Eintragung der Änderung im Handelsregister wurde ein Beschluss des österreichischen Bezirksgerichts Salzburg als Nachweis der Erbfolge vorgelegt. Das Registergericht wies jedoch darauf hin, dass ein Eintragungshindernis bestehe, da kein ausreichender Nachweis über die Erbfolge vorgelegt worden sei. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Beschwerde, die nun jedoch zurückgewiesen wurde.

Das OLG stellte klar, dass das Registergericht durchaus zu Recht die Vorlage eines deutschen Erbscheins oder eines europäischen Nachlasszeugnisses verlangt habe. Das Gericht kommt damit seinem pflichtgemäßen Ermessen nach, wenn es Urkunden genügen lässt, die einem deutschen Erbschein gleichstehen. Das Registergericht sei aber nicht verpflichtet, die Gleichwertigkeit ausländischer Nachweise eigenständig rechtlich zu prüfen, um die Rechtsnachfolge nachzuweisen. Hintergrund ist, dass derartige unter Umständen umfangreiche Ermittlungen zu Verzögerungen bei den Handelsregistereintragungen führen können.

Hinweis: Zweck des europäischen Nachlasszeugnisses ist, dass die berechtigten Personen - wie beispielsweise Erben - ihren Status und ihre Befugnisse in einem anderen Mitgliedstaat einfach nachweisen können, um somit eine schnelle unkomplizierte Abwicklung der Erbsache mit grenzüberschreitendem Bezug zu ermöglichen.


Quelle: Hanseatisches OLG in Bremen, Beschl. v. 18.03.2025 - 2 W 37/24
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 06/2025)

Erbscheinsverfahren: Was passiert, wenn das Testament im Original unauffindbar ist?

Wird ein Erbschein auf der Grundlage eines Testaments beantragt, wird in der Regel auch das entsprechende Testament im Original vorgelegt. Wie mit dem Fall umzugehen ist, wenn das Testament im Original nicht auffindbar ist, war Gegenstand der folgenden Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG).

Wird ein Erbschein auf der Grundlage eines Testaments beantragt, wird in der Regel auch das entsprechende Testament im Original vorgelegt. Wie mit dem Fall umzugehen ist, wenn das Testament im Original nicht auffindbar ist, war Gegenstand der folgenden Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG).

Der Erblasser war in zweiter Ehe verheiratet. Nach seinem Tod hat die Ehefrau einen Erbschein beantragt und angegeben, dass kein Testament des Erblassers vorhanden sei. Etwa einen Monat später teilte sie dem Nachlassgericht mit, dass der Erblasser ein handschriftliches Testament hinterlassen habe, in dem er sie als Alleinerbin eingesetzt habe. Das Testament habe sie bislang aber nicht finden können. Mehrere Monate später reichte sie beim Nachlassgericht die Kopie eines von ihr eigenhändig geschriebenen und mit insgesamt drei Unterschriften versehenen Testaments vom 20.07.2018 ein, in dem die Eheleute sich wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt haben. Dieses Testament war von der Ehefrau, dem Erblasser sowie einem Zeugen unterschrieben worden. Der Sohn des Erblassers aus erster Ehe beantragte hingegen die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins auf der Basis der gesetzlichen Erbfolge. Nachdem das Nachlassgericht zunächst noch einen Erbschein zugunsten der Ehefrau auf der Basis der Kopie des Testaments erteilt hatte, hob das OLG diese Entscheidung wieder auf.

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Ehefrau die Feststellungslast für das von ihr vorgelegte Testament trägt, das jedoch nur in Kopie vorliegt. Ein nicht mehr vorhandenes Testament ist zwar nicht allein wegen seiner Unauffindbarkeit ungültig; Form und Inhalt des Testaments können mit allen zulässigen Beweismitteln festgestellt werden - auch durch Vorlage einer Kopie oder die Benennung von Zeugen. Hier konnte die Ehefrau den Beweis über die Errichtung eines formgültigen Testaments nach Ansicht des Gerichts nicht führen. Zweifel an der Errichtung des Testaments gingen daher zu Lasten der Ehefrau. In Ermangelung einer Verfügung von Todes wegen kam stattdessen die gesetzliche Erbfolge zum Tragen - mit der Folge, dass ein gemeinschaftlicher Erbschein zu erteilen war.

Hinweis: Im Fall der Unauffindbarkeit eines Testaments besteht keine Vermutung, dass dieses vom Erblasser vernichtet worden ist.


Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 03.04.2025 - 3 W 53/24
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 06/2025)

Vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit? Sind angebrachte Zweifel nicht belegbar, hat ein ärztliches Attest hohen Beweiswert

Häufig sorgen angeblich falsche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für gerichtliche Ausienandersetzungen, die sich meist mit der Beweiskraft von ärztlichen Attesten befassen. Jeder einzelne Fall bringt aber Besonderheiten mit sich, die interessante Blickwinkel aufwerfen - so auch im Fall vor dem Landesarbeitsgericht Köln (LAG).

Häufig sorgen angeblich falsche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für gerichtliche Ausienandersetzungen, die sich meist mit der Beweiskraft von ärztlichen Attesten befassen. Jeder einzelne Fall bringt aber Besonderheiten mit sich, die interessante Blickwinkel aufwerfen - so auch im Fall vor dem Landesarbeitsgericht Köln (LAG).

Ein Finanzdienstleister plante Restrukturierungsmaßnahmen und lud deshalb acht Arbeitnehmer zu einem Personalgespräch am 11.07.2022 ein. Für den betreffenden Tag meldeten sich dann jedoch gleich alle acht eingeladenen Mitarbeiter arbeitsunfähig krank. Der Arbeitgeber forderte daraufhin die Beschäftigten auf, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab dem ersten Tag vorzulegen. Einer der Arbeitnehmer lieferte die geforderte Bescheinigung am 12.07.2022, mit der ihm eine Arbeitsunfähigkeit vom 11.07. bis einschließlich 15.07.2022 ärztlich bestätigt wurde. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Begründung, der Arbeitnehmer habe seine Arbeitsunfähigkeit lediglich vorgetäuscht. Dagegen klagte der Arbeitnehmer und erhob eine Kündigungsschutzklage.

Das LAG sah keinen Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung. Ein ärztliches Attest habe einen hohen Beweiswert. Bezweifelt der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit, muss er die Umstände, die gegen die Arbeitsunfähigkeit sprechen, darlegen und notfalls beweisen. Dass die Arbeitsunfähigkeit bei acht Mitarbeitern gleichzeitig in Zusammenhang mit einem schwierigen Personalgespräch auftrat, rechtfertigte auch in den Augen des Gerichts Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit. Allerdings bestätigte die Fachärztin, die die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt hatte, ihre Diagnose anhand ihrer Aufzeichnungen. Dem hatte der Arbeitgeber nichts entgegenzusetzen und somit keinen Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung.

Hinweis: In dieser Sache wurde eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht eingelegt. Sofern es zu einer Revisionsverhandlung kommen wird, werden wir weiter berichten.


Quelle: LAG Köln, Urt. v. 12.12.2024 - 8 Sa 409/23
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 06/2025)

Vertretungsverhältnisse beachten: Genehmigungsfreiheit einer Erbanteilsübertragung an einen Minderjährigen

Um Minderjährige zu schützen, dürfen bestimmte Verfügungen zu ihren Gunsten nicht getroffen werden, sobald hiermit auch die Übernahme von Belastungen verbunden ist. Da sie in der Regel von ihren Eltern gesetzlich vertreten werden, bedarf es bei Übertragungen an die Kinder häufig einer Genehmigung durch das Familiengericht. Ein Fall, in dem die Eltern von ihrem Vertretungsrecht ausdrücklich ausgeschlossen waren, war kürzlich Gegenstand einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG).

Um Minderjährige zu schützen, dürfen bestimmte Verfügungen zu ihren Gunsten nicht getroffen werden, sobald hiermit auch die Übernahme von Belastungen verbunden ist. Da sie in der Regel von ihren Eltern gesetzlich vertreten werden, bedarf es bei Übertragungen an die Kinder häufig einer Genehmigung durch das Familiengericht. Ein Fall, in dem die Eltern von ihrem Vertretungsrecht ausdrücklich ausgeschlossen waren, war kürzlich Gegenstand einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG).

Ein Großvater wollte einen Anteil seines Erbes an seine drei Enkel übertragen, von denen einer zum Zeitpunkt der Übertragung noch minderjährig war. In der notariellen Urkunde wurde der Großvater von Nachlassverbindlichkeiten durch den Enkel freigestellt. In der notariellen Vereinbarung wurde der minderjährige Enkel allein von seinem Vater vertreten. Das Grundbuchamt war der Ansicht, dass für die Umsetzung der Erbteilsübertragung und die Umschreibung im Grundbuch die Bestellung eines Ergänzungspflegers und eine familiengerichtliche Genehmigung einzuholen waren; der Sohn hätte in diesem Fall nicht vom Vater vertreten werden dürfen.

Diese Entscheidung wurde durch das OLG aufgehoben. Nach Ansicht des Gerichts handelte es sich eben nicht um ein Rechtsgeschäft, bei dem der Minderjährige für fremde Schulden haftet. Der im Gesetz vorgesehene Ausschluss des Vertretungsrechts betrifft nur jenen Elternteil, der hiervon direkt betroffen ist. Dies wäre bei der Erbteilsübertragung zugunsten der Enkel die Tochter des Erblassers, also die Mutter seiner drei Enkel. Diese hat das minderjährige Kind im Rahmen der Erbteilsübertragung aber gerade nicht vertreten.

Hinweis: Verfügungen im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge sind ein häufig angewandtes Instrumentarium zur Gestaltung zu Lebzeiten des Erblassers. Gerade bei Verfügungen zugunsten Minderjähriger ist besonders auf die Vertretungsverhältnisse zu achten.


Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.03.2025 - 3 W 9/25
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 06/2025)

Rücktritt vom Kaufvertrag? Zu viel Formaldehyd in Raumluft eines 70er-Jahre-Fertighauses

Einem Immobilienverkäufer darf - verkürzt gesagt - das Verschweigen eines Mangels nicht angelastet werden, nur das Lügen darum. Wenn also - ebenso verkürzt - etwas nicht erwähnt bzw. nachgefragt wird, macht der im Kaufvertrag enthaltene Haftungsausschluss das, was er soll: Haftung ausschließen. Wer sich beim Immobilienkauf trotz mangelnder Fachkenntnisse also allein auf sein Bauchgefühl verlässt, zieht wie hier vor dem Oberlandesgericht Hamm (OLG) selbst bei Formaldehyd in der Raumluft den Kürzeren.

Einem Immobilienverkäufer darf - verkürzt gesagt - das Verschweigen eines Mangels nicht angelastet werden, nur das Lügen darum. Wenn also - ebenso verkürzt - etwas nicht erwähnt bzw. nachgefragt wird, macht der im Kaufvertrag enthaltene Haftungsausschluss das, was er soll: Haftung ausschließen. Wer sich beim Immobilienkauf trotz mangelnder Fachkenntnisse also allein auf sein Bauchgefühl verlässt, zieht wie hier vor dem Oberlandesgericht Hamm (OLG) selbst bei Formaldehyd in der Raumluft den Kürzeren.

Der Kläger hatte ein Fertighaus aus den 1970er-Jahren gekauft. Einen Monat vor Abschluss des Kaufvertrags hatte er das Haus besichtigt. Im Kaufvertrag war auch ein Haftungsausschluss enthalten. Die Schlüsselübergabe erfolgte rund zwei Monate nach Abschluss des Vertrags. Weitere fünf Monate später wurde die Verkäuferin von dem Käufer aufgefordert, Schäden anzuerkennen. Das Haus sei mangelhaft, da es mit krebserregenden Substanzen belastet sei. Innerhalb der Wohnräume bestehe eine extreme Geruchsbelastung. Schließlich klagte der Käufer. Im Verfahren behauptete er, dass die Raumluftanalyse einen zu hohen Wert an Formaldehyd und Lindan ergeben habe. Er sei mit seiner Familie ausgezogen. Die Geruchsbelastung sei ihm erst nach Abschluss des Kaufvertrags aufgefallen. Es handele sich um einen spezifischen Geruch, der sämtlichen Kleidungsstücken anhafte. Die Verkäuferin behauptet dagegen, dass es zu keinem Zeitpunkt eine Geruchs- oder eine Schadstoffbelastung gegeben habe.

Die Klage des Käufers wurde abgewiesen. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht bei Vertragsverhandlungen keine allgemeine Rechtspflicht, den anderen Teil über alle Einzelheiten und Umstände aufzuklären, die dessen Willensentschließung beeinflussen könnten. Wenn ein gemachter Sachvortrag in seiner Gesamtheit eine feststehend unzureichende, entstellende oder verharmlosende Aufklärung zum Inhalt hätte, läge eine Aufklärungspflichtverletzung vor. Daher war es hier unerheblich, ob das Fertighaus die behaupteten Mängel einer Geruchsbelästigung sowie einer Schadstoffbelastung mit Formaldehyd und Lindan aufgewiesen hat. In jedem Fall konnten sich die Verkäufer auf den zwischen den Parteien vereinbarten Haftungsausschluss des notariellen Kaufvertrags berufen.

Hinweis: Vor dem Kauf eines Hauses ist die Besichtigung mit einer fachkundigen Person zu empfehlen, am besten mit einem Gutachter. Natürlich sind das zusätzliche Kosten, die jedoch schnell vor bösen Überraschungen schützen können, wie dieser Fall zeigt.


Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 17.02.2025 - 22 U 117/23
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 06/2025)

Milieuschutzgebiete: Behutsame Anhebung der Ausstattung auf durchschnittliche Standards möglich

Milieuschutzgebiete sind städtebauliche Gebiete, die die bestehende Wohnbevölkerung vor Verdrängung schützen und die soziale Zusammensetzung des Gebiets erhalten sollen. Sie werden durch städtebauliche Verordnungen, insbesondere im Rahmen des Baugesetzbuchs festgelegt. Bauliche Änderungen bedürfen in Milieuschutzgebieten folglich stets einer behördlichen Genehmigung. Ein Thema, mit dem sich das Verwaltungsgericht (VG) Berlin naturgemäß gut auskennt.

Milieuschutzgebiete sind städtebauliche Gebiete, die die bestehende Wohnbevölkerung vor Verdrängung schützen und die soziale Zusammensetzung des Gebiets erhalten sollen. Sie werden durch städtebauliche Verordnungen, insbesondere im Rahmen des Baugesetzbuchs festgelegt. Bauliche Änderungen bedürfen in Milieuschutzgebieten folglich stets einer behördlichen Genehmigung. Ein Thema, mit dem sich das Verwaltungsgericht (VG) Berlin naturgemäß gut auskennt.

In diesem Fall ging es um ein Schutzgebiet in Berlin-Mitte, einen bundesweiten Hotspot der sogenannten Gentrifizierung, deren Folgen Anlass für den Milieuschutz gaben. Eine Eigentümerin wollte im Badezimmer einer Wohnung ein Stand-WC durch ein an der Wand hängendes WC ersetzen und einen Handtuchheizkörper einbauen. Eine andere Eigentümerin wollte zudem den Anbau von 13 Balkonen von jeweils 4 m² an die Wohnungen ihres Mehrfamilienhauses durchsetzen. Als das Bezirksamt die Genehmigungen versagte, klagten beide Eigentümerinnen.

Das VG gab den Klagen statt. Das Bezirksamt muss die Genehmigungen erteilen. Wandhängende WCs und Handtuchheizkörper in Standardausführung sowie Balkone in der Größe von lediglich 4 m² sind nach Ansicht der Richter in Milieuschutzgebieten genehmigungsfähig, weil sie der Herstellung eines zeitgemäßen Ausstattungszustands einer durchschnittlichen Wohnung dienen.

Hinweis: Es handelt sich sicherlich um ein zeitgemäßes Urteil. Sollen Modernisierungen vorgenommen werden, haben Eigentümer natürlich das "Milieu" in den entsprechenden Gebieten zu berücksichtigen. Eine behutsame Anhebung des Ausstattungsstandards ist jedoch möglich.


Quelle: VG Berlin, Urt. v. 02.04.2025 - VG 19 K 17/22
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 06/2025)

Ausgewertete Fallakte: Einsichtsrechte im Bußgeldverfahren beim Vorwurf der Geschwindigkeitsübertretung

Bei einem vorgeworfenen Geschwindigkeitsverstoß ist es schwer, genaue Einsicht in die erfassten Daten zu erhalten. Die auf Überlassung der sogenannten Falldatei gerichtete Rechtsbeschwerde wurde im folgenden Fall zwar verworfen. Doch mit seiner Entscheidung hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) nun grundsätzlich geklärt, wie eine Überprüfung des vorgeworfenen Geschwindigkeitsverstoßes erfolgen kann.

Bei einem vorgeworfenen Geschwindigkeitsverstoß ist es schwer, genaue Einsicht in die erfassten Daten zu erhalten. Die auf Überlassung der sogenannten Falldatei gerichtete Rechtsbeschwerde wurde im folgenden Fall zwar verworfen. Doch mit seiner Entscheidung hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) nun grundsätzlich geklärt, wie eine Überprüfung des vorgeworfenen Geschwindigkeitsverstoßes erfolgen kann.

Der Betroffene war wegen Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit um 27 km/h zu einem Bußgeld von 240 EUR verurteilt worden. Sein Verteidiger begehrte im Rahmen des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde die Überlassung der sogenannten Falldatei durch die Zentrale Bußgeldstelle in Kassel. Diesen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das erstinstanzliche Urteil hat das OLG zwar verworfen, da die vom Verteidiger erhobene Rüge prozessual unzureichend erhoben worden und damit unzulässig sei. Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung hat der Senat jedoch zum Anlass genommen, grundsätzlich zusammenzufassen, wie die Betroffenen Einsicht in ihre sogenannte Falldatei erhalten können.

Die von den Messgeräten erzeugte digitale Falldatei ist Ausgangspunkt aller Geschwindigkeitsvorwürfe mit zugelassener Messtechnik. Diese verschlüsselte Datei enthält den amtlichen Messwert und das Messbild. Zu ihrer Auswertung bedarf es deshalb eines zugelassenen Auswertungsprogramms und entsprechender Schlüssel. Beides liegt in Hessen bei der Zentralen Bußgeldstelle in Kassel vor. Die Bußgeldbehörde hat vor Erlass eines Bußgelds grundsätzlich die Tragfähigkeit der Beweismittel zu prüfen. Dies macht sie, indem sie die digitale verschlüsselte Falldatei entschlüsselt und mit dem zugelassenen Auswertungsprogramm auswertet. Dadurch entsteht eine aus Messbild und Messwert bestehende lesbare Version. Der Messwert wird dem Objekt auf dem Messbild zugeordnet, und somit wird der notwendige Kontext zwischen der gefahrenen Geschwindigkeit (amtlicher Messwert), dem Täterfahrzeug (Objekt) und dem verantwortlichen Fahrer hergestellt. Die Auswertung der Falldatei muss jederzeit von allen Verfahrensbeteiligten - Gericht, Staatsanwaltschaft, Betroffener, Verteidiger - zur Prüfung eigenständig wiederholt werden können. Deshalb muss die Bußgeldstelle die Falldatei, das dazu notwendige zugelassene Auswertungsprogramm und die entsprechenden Schlüssel vorhalten. Der Betroffene eines Bußgeldbescheids kann selbst auch ohne Verteidiger seine Rechte im Bußgeldverfahren wahrnehmen und die Zuordnung des amtlichen Messwerts zu seinem Kraftfahrzeug und des Messbilds zu ihm als Fahrer anhand seiner Falldatei überprüfen. Dafür kann er entweder nach Terminvereinbarung bei der Bußgeldbehörde die unausgewertete Falldatei einsehen und mit dem dort vorgehaltenen Auswertungsprogramm und Schlüssel eigenständig auswerten. Alternativ kann er die Übersendung einer ausgewerteten Falldatei in lesbarer Version auf eigene Kosten beantragen. In diesem Fall muss auf die Authentizität vertraut werden.

Hinweis: Das OLG hat die Einsichtsrechte im Bußgeldverfahren beim Vorwurf einer Geschwindigkeitsübertretung geklärt. Demnach muss der Betroffene oder sein Anwalt die korrekte Zuordnung und Auswertung der Messdaten anhand der Falldatei überprüfen können. Die nicht ausgewertete Falldatei ist aber nicht Teil der Verfahrensakte und damit nicht vom Einsichtsrecht umfasst. Sie dient nur als Basis für die Auswertung.


Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 04.02.2025 - 2 Orbs 233/24
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 06/2025)

Kein "doppeltes" Regelfahrverbot: Wenn der Verkehrssünder Erziehungswirkung des kürzlich beendeten Fahrverbots erkennen lässt

Wer kurz hintereinander gleich zweimal übers Ziel hinausschießt, muss auch zweimal bestraft werden - oder etwa nicht? Das Amtsgericht Dortmund (AG) setzte im folgenden Fall auf Augenmaß. Denn wenn unterstellt werden darf, dass eine erst kurz vor Gerichtstermin verbüßte Strafe die gewünschte Wirkung erzielt hat, kann von einem erneuten Fahrverbot abgesehen werden. Folgenlos blieb der zweite Verstoß dennoch nicht.

Wer kurz hintereinander gleich zweimal übers Ziel hinausschießt, muss auch zweimal bestraft werden - oder etwa nicht? Das Amtsgericht Dortmund (AG) setzte im folgenden Fall auf Augenmaß. Denn wenn unterstellt werden darf, dass eine erst kurz vor Gerichtstermin verbüßte Strafe die gewünschte Wirkung erzielt hat, kann von einem erneuten Fahrverbot abgesehen werden. Folgenlos blieb der zweite Verstoß dennoch nicht.

Der Anlass für den Termin vor dem AG ist schnell erklärt: Der Betroffene überschritt am 29.08.2024 innerorts mit seinem Pkw die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 32 km/h. Deswegen erging gegen ihn ein Bußgeldbescheid über 260 EUR, verbunden mit einem Fahrverbot von einem Monat. Hiergegen legte er Einspruch ein.

Das AG sah in der Tat von der Verhängung eines Fahrverbots ab, erhöhte hingegen die Geldbuße auf 500 EUR. In der Verhandlung stellte sich anhand des verlesenen Fahreignungsregisterauszugs nämlich heraus, dass die Bußgeldbehörde in Magdeburg gegen den Betroffenen bereits wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes eine Geldbuße von 600 EUR festgesetzt hatte - ein Fahrverbot von zwei Monaten inklusive. Zudem konnte festgestellt werden, dass der Betroffene seinen Führerschein am 13.12.2024 bei der Polizei abgegeben hatte. Die Verbotsfrist endete mit dem 12.02.2025 erst kurz vor dem Termin in Dortmund.

Für das dortige AG stellte sich nun die Frage des Umgangs mit der Tatsache, dass nach der hier verhandelten Tat bereits eine zweimonatige Fahrverbotsvollstreckung in anderer Sache stattgefunden hatte. Nun war der Betroffene selbst das Zünglein an der Waage, das den Ausschlag für die Entscheidung des Gerichts gab. Da sich der Mann durch die erst vor etwa drei Wochen abgelaufene zweimonatige Fahrverbotsvollstreckung erkennbar beeindruckt zeigte, erschien es dem AG in diesem Fall ausreichend, die Geldbuße zu erhöhen und von einem weiteren Fahrverbot abzusehen. Durch die bereits erfolgte Fahrverbotsanordnung war die beabsichtigte Erziehungswirkung bei dem Betroffenen offenbar bereits eingetreten.

Hinweis: Von einem Regelfahrverbot kann unter Anwendung des § 4 Abs. 4 Bußgeldkatalog-Verordnung und damit einhergehender Erhöhung der Geldbuße dann abgesehen werden, wenn zwischen der Anlasstat und der Verurteilung ein anderes zweimonatiges Fahrverbot vollstreckt wurde.


Quelle: AG Dortmund, Urt. v. 06.03.2025 - 729 OWi-256 Js 159/25 -16/25
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 06/2025)

Erheblicher Pflichtverstoß: Geldentnahme aus Nachlass führt zur Verwirkung der Testamentsvollstreckervergütung

Ein Testamentsvollstrecker kann für seine Tätigkeit eine angemessene Vergütung verlangen, sofern der Erblasser nicht etwas anderes bestimmt hat. Ein Anspruch auf eine solche Vergütung kann aber auch entfallen, wenn dem Testamentsvollstrecker ein Fehlverhalten vorgeworfen werden kann. Im folgenden Fall des Oberlandesgerichts München (OLG) war ein Notar zum Testamentsvollstrecker eingesetzt worden.

Ein Testamentsvollstrecker kann für seine Tätigkeit eine angemessene Vergütung verlangen, sofern der Erblasser nicht etwas anderes bestimmt hat. Ein Anspruch auf eine solche Vergütung kann aber auch entfallen, wenn dem Testamentsvollstrecker ein Fehlverhalten vorgeworfen werden kann. Im folgenden Fall des Oberlandesgerichts München (OLG) war ein Notar zum Testamentsvollstrecker eingesetzt worden.

Der Testamentsvollstrecker ließ in seiner Eigenschaft unter anderem ein Nachlassverzeichnis erstellen und Immobilien aus dem Vermögen der Erblasserin schätzen. Hierfür erhielt er eine Vergütung in Höhe von ca. 117.000 EUR. Zudem hatte sich der Testamentsvollstrecker weitere 27.000 EUR aus dem Nachlass entnommen, um Kosten für ein Gerichtsverfahren zu decken, von dem er persönlich betroffen war. Die Erben waren der Ansicht, dass es sich hierbei um eine erhebliche Pflichtverletzung gehandelt habe, die dazu führe, dass der Testamentsvollstrecker auch seinen Vergütungsanspruch zurückzahlen müsse. Die Entnahmen für die Kosten des Gerichtsverfahrens hatte der Testamentsvollstrecker in der Zwischenzeit wieder an den Nachlass zurückgeführt.

Sowohl das vorinstanzliche Landgericht als auch das OLG waren der Ansicht, dass der Testamentsvollstrecker mit der Entnahme von insgesamt 27.000 EUR aus dem Nachlass für eigene Zwecke erheblich gegen seine Pflichten verstoßen habe. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass er den Geldbetrag an den Nachlass zurückgezahlt habe. Die Pflichtverletzung wurde als derart schwerwiegend eingestuft, dass dies zur Folge hatte, dass auch der Vergütungsanspruch des Testamentsvollstreckers damit erloschen war.

Hinweis: Grundsätzlich vertritt der Testamentsvollstrecker den Nachlass in Rechtsstreitigkeiten. Richtet sich diese Rechtsstreitigkeit aber gegen den Testamentsvollstrecker selbst, sind die Erben dazu berechtigt, den Prozess selbst zu führen.


Quelle: OLG München, Urt. v. 07.04.2025 - 33 U 241/22
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 06/2025)